Larry Young – Unity
Blue Note ; 1965; Engineer: Rudy van Gelder; Producer: Alfred Lion
Larry Young – org; Woody Shaw – tp; Joe Henderson – ts; Elvin Jones – ds.
Side A:
1) Zoltan
2) Monk’s Dream
3) If
Side B:
1) The Moontrane
2) Softly As A Morning Sunrise
3) Beyond All Limits
Dass Unity von Larry Young kein reguläres Soul-Jazz-Album mit Club-Vibes ist, ahnt man bereits bei einem flüchtigen Blick auf die Titel von Stücken wie Zoltan oder The Moontrane. Und tatsächlich: Auch wenn die Alben von ähnlich besetzten Gruppen eingespielt wurden, ist Unity musikalisch meilenweit entfernt von Crowd-Pleasern wie Jimmy Smiths Back at the Chicken Shack oder Harold Vicks Steppin’ Out. Wer auf Orgelplatten hitzige Club-Vibes und bluesigen Groove sucht, wird dort fündig, aber auf Unity gibt es härtere Kost.
Um seine musikalischen Vorstellungen zu realisieren, hatte Young sich Leute ins Studio geholt, die ihren Sinn für Freiheit und Abenteuer bereits bewiesen hatten. Elvin Jones war der Schlagzeuger von Coltrane, Henderson hatte für Blue Note Alben wie In’n’Out aufgenommen, die den typischen Hard Bop der 50er harmonisch und kompositorisch hinter sich ließen. (Heute redet man bei dieser Musik von Post Bop – wo wären wir ohne Etikette?) Die Fähigkeiten von Trompeter Woody Shaw, einem 20-jähriger Autodidakten mit brillanter Technik und einem ausgeprägten Interesse für moderne klassiche Komponisten waren bereits Horace Silver aufgefallen, der ihn prompt für seine Band verpflichtete.
Vier der sechs Titel auf Unity sind Eigenkompositionen der Bandmitglieder: Zoltan, The Moontrane und Beyond All Limits stammen von Woody Shaw, If von Joe Henderson. Ergänzt werden sie von Thelonious Monks sperrigem Monk’s Dream und dem Romberg-Hammerstein-Klassiker Softly, as in a Morning Sunrise, dem aus irgendwelchen Gründen hier das „in“ fehlt.
Gerade die Eigenkompositionen sind beim ersten Hören weniger zugänglich als zum Beispiel Hard-Bop-Klassiker wie Moanin’ von Bobby Timmons. Es gibt keine unmittelbar eingängigen Melodien; meist hat man es mit vertrackten Linien zu tun, die mal stoppen, dann wieder beschleunigen und sich, wie etwa bei The Moontrane, in einem harmonisch vagen Raum bewegen und den Solisten viel Freiheit lassen.
Im Gegensatz zu einem Jimmy-Smith-Album wird Unity nicht von einer Stimme dominiert. Die Liner Notes zitieren hierzu Larry Young selbst: „Obwohl auf diesem Date jeder ganz bestimmt ein Individualist ist, waren alle in einer ähnlichen Stimmung. Von Anfang an war klar, dass alles zusammenpasst.“
Würde man Unity hören, ohne das Albumcover gesehen zu haben, wüsste man tatsächlich nicht, wer der Leader ist, so gleichmäßig sind die Rollen verteilt. Young soliert leichtfüßig und mit einem subtilen Touch, er klingt ein bisschen nach einem Pianisten, der Orgel spielt, und setzt das Potenzial des Instruments fürs Spektakel bewusst nicht voll ein. Woody Shaw zeigt auf Unity einen ganz eigenen Ton – nicht schmetternd, eher ruhig und kontrolliert, mit gelegentlicher Andeutung von Vibrato, und Soli, die sich geschmeidig zwischen den Registern bewegen. Er klingt dabei wie kein anderer Trompeter seiner Zeit, nicht nach Dorham, Davis, Hubbard oder Morgan. Wie einflussreich er war, ahnt man beiAufnahmen aus den 70ern und 80ern von Trompetern wie Kenny Wheeler, wo man Shaws Echo zu hören glaubt. In dieses Bild fügt sich auch Joe Henderson mit seinem leicht nasalen, rauen Ton und groß angelegten, flüssigen Soli nahtlos ein.
Unity ist kein Album, das mich beim ersten Hören mitgerissen hat, dafür ist es nicht zugänglich genug. Aber diese kantige, etwas schwierige Musik nutzt sich auch nicht ab und zeigt beim wiederholten Hören immer neue Facetten. Geduld zahlt sich aus!
Musik: **** 1/2
Sound: RvG, also gut. Orgel hat Schmackes, ohne dick zu klingen, Instrumente gut ausbalanciert.
Verfügbarkeit auf Vinyl: Im Herbst 2025 gut, ist Teil von Blue Notes Classic Vinyl Edition.
Kommentar hinzufügen
Kommentare