Sonny Clark - Sonny's Crib

Veröffentlicht am 22. September 2025 um 23:36

Sonny Clark – Sonny’s Crib

Blue Note 1576, New York, 09/1957, Engineer: Rudy van Gelder, Producer: Alfred Lion

Donald Byrd – tp; Curtis Fuller – tb; John Coltrane – ts; Sonny Clark – p; Paul Chambers – b; Art Taylor – ds.

 

Side A: Side B:

1) With a Song in my Heart 1) Sonny’s Crib

2) Speak Low 2) News for Lulu

3) Come Rain or Shine

 

Anfang bis Mitte der 50er Jahre ist Blue Note auf Selbstsuche. Man schaut, welcher Musiker gerade ohne Vertrag ist und veröffentlicht, was irgendwie interessant klingt. So finden sich neben Miles Davis, Thelonious Monk und Bud Powell im Katalog auch heute kaum bekannte Exoten wie der Waldhornist Julius Watkins oder die Gitarristen Sal Salvador und Lou Mecca. Ab Mitte der 50er jedoch ändert sich das Bild. Um das Label hat sich ein glänzend eingespielter Kern von regulären Musikern versammelt, die einen populären, dem Blues und Gospel verpflichteten Stil pflegen, den Hard Bop. Blue Note hat jetzt einen Hausklang und wird in den kommenden Jahren eine ganze Reihe von Klassikern des Genres veröffentlichen. Einer davon ist Sonny’s Crib, die zweite Aufnahme des Pianisten Conrad „Sonny“ Clark für das Label.

 

Als sich die sechs Musiker -das typische Hard Bop Quintet aus Trompete, Tenorsax, Piano, Bass und Schlagzeug wurde durch Curtis Fuller an der Posaune erweitert- am 1. September zur Session in Rudy van Gelders Studio treffen, sind alle von ihnen Labelveteranen, die ihr Ensemblespiel in zahllosen Sessions schärfen konnten. Dementsprechend selbstbewusst und optimistisch geht es zur Sache. Die Platte bietet drei Standards auf Seite 1 und zwei Eigenkompositionen Clarks auf Seite 2. Nachdem Clark auf dem Piano mit einem Akkord den Startschuss gibt, eröffnet Donald Byrd mit fanfarenartigem, strahlend hellem Trompetenton With a Song in my Heart und liefert auch gleich das erste Solo, Trane, Fuller und Clark folgen mit konzisen Beiträgen. Speak Low fährt das Tempo herunter, nicht aber die Intensität und glänzt bei der Vorstellung des Themas mit einem ausgefeiltem Arrangement des Leaders. Die obligatorische Ballade auf dem Album ist Come Rain or Come Shine, eingeleitet von der warm klingenden Posaune Fullers mit einem schön bluesigen Solo von Clark.

 

Sonny’s Crib ist ein Blues mit 8-taktiger Bridge, nicht wirklich mehr als ein Vehikel für die Solisten, was aber bei der Qualität der Crew kein Nachteil ist. News for Lulu dagegen ist aus anderem Holz geschnitzt und überzeugt mit einem attraktiven moll-gefärbten Thema, Rhythmuswechseln und weiteren raffinierten Arrangements für die Bläser.

 

Der britische Kritiker Richard Cook beklagt in seinen Anmerkungen zu Sonny’s Crib, dass Clark sich zu sehr auf seine Rolle als Begleiter beschränkt und es so versäumt, dem Album stärker seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Kann man so sehen, aber meiner Meinung nach wird das der Aufnahme nicht gerecht. Clark mag als Solist tatsächlich nur eine von vier gleichberechtigten Stimmen sein, doch das Album lebt nicht von überragenden Beiträgen des Leaders, sondern von einer makellosen Bandperformance und attraktiven Stücken. Um seine künstlerische Vision umzusetzen, muss man nicht permanent im Vordergrund stehen. Clark glänzt hier nicht nur als Solist. Das auch, klar, aber wichtiger sind das punktgenaue Ensemblespiel und seine Arrangements für die drei Bläser, besonders auf Speak Low und News for Lulu, das, nebenbei bemerkt, selbst zu einem Standard werden sollte.

 

Kurz: exzellenter Hard Bop reinsten Wassers. Für Aficionados kaum zu toppen.

 

Musik: *****

 

Sound: sehr gut. Aufnahme klingt lebendig und farbstark, schöne Timbres bei den Bläsern.

 

Verfügbarkeit: Momentan schwierig und nur gebraucht, meine Ausgabe von Classic Records ist lange vergriffen. Wird aber im September 2025 als Blue Note Classic Vinyl wiederveröffentlicht.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.