NJF besucht Schluderbachers Hifi-Tage 2025

Veröffentlicht am 15. Oktober 2025 um 17:55

Drei Tage lang, vom 10.10. bis zum 12.10. hielt Schluderbacher in Willich seine diesjährigen Hifi-Tage ab, für die Jünger des guten Klangs am Niederrhein eine Einladung zur alljährlichen Wallfahrt. Ich war am Sonntag da und muss sagen: durchschlagender Erfolg. Die Hütte war voll, die Stimmung gut, die Vorführungen hatten Hand und Fuß.

 

Grob gesagt gab’s im Obergeschoß Equipment, das eher patrizische Ansprüche bedient, während man sich im Erdgeschoss um die Plebs kümmerte, aber, soviel vorweg, auch das sehr fürsorglich.

 

****

 

Ich war zuerst oben und dort gab es im Raum von Clearaudio und MBL gleich mein persönliches Highlight. Eine Kombi aus MBL Vor- und Endstufe trieb 111F-Radialstrahler, als Quellen fungierten (glaube ich) ein Clearaudio Innovation oder ein MBL N31.

 

Radialstrahler sieht und hört man ja nur selten. Schade, denn die Idee dahinter leuchtet ein: Musik soll nicht mehr von einem Punkt kommen, sondern sich gleichmäßig im Raum verteilen. Der geneigte MBL-Hörer muss also nicht regungslos auf seinem Minotti-Sofa verharren, sondern darf sich seinen Bollinger auch mal lässig an der Bar lehnend reinziehen, ohne dafür den Klang-Olymp verlassen zu müssen.

 

Und das Prinzip scheint zu funktionieren. Als ich den Raum betrat, war er so voll, dass ich rechts hinten an der Wand stehen musste. Machte gar nichts. Es lief Cannonball Adderleys Autumn Leaves vom Blue-Note-Klassiker Somethin’ Else, eine Aufnahme, die ich gut kenne. Selbst an meiner ungünstigen Position war der Klang ausbalanciert. Kein Dröhnen im Bass, keine über- oder unterbelichteten Mitten, keine strähnigen Höhen. Die Saxofone von Adderley und Coltrane, die Trompete von Miles Davis, klangen auffallend natürlich und präsent.

 

Ein paar Minuten später durfte ich mich setzen, meine Position war günstiger. Klar, dass der Klang noch ein wenig einrastete, aber nicht so, dass man von Tag und Nacht reden konnte. Was vorher schon überzeugend war, wurde halt noch etwas besser. Musikalisch gab’s jetzt via Streamer eine kurzweilige Safari durch die verschiedensten Stile, von A-Capella bis zu Bachs Toccata auf einer Kirchenorgel. Gerade hier vermittelten die Radialstrahler einen wirklich extrem glaubhaften Eindruck vom Aufnahmeraum – man meinte, die Dimension der Kirche klar hören zu können – und boten lebensechte Klangfarben vom Subbass bis zum Glöckchen. Was mich wieder nachhaltig beeindruckte, wie schon bei der Adderley-Scheibe, war das Gefühl einer fast stofflichen Präsenz der Stimmen und Instrumente im Raum.

 

Ein Moment während der Vorstellung brachte die Sache auf den Punkt. Die Tür öffnete sich, jemand kam rein und war offensichtlich kurz verwirrt: Ich dachte, hier spielt ’ne Band! Genau das dachte ich manchmal auch.

 

****

 

Im Raum nebenan spielte eine Anlage von Naim und Focal: eine Kombi aus NSC 222 Streaming-Pre und NAP250 trieb die Aria X-No.4 Standboxen von Focal an. Die heißen wirklich so. Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht?

 

Aber ich will nicht meckern, das hat dieses Insgesamt erheblich bescheidenere Set-up nicht verdient. Die Naims zusammen kosten weniger als ein MBL-Gerät, die Focals ein Zehntel der Radialstrahler. Man brauchte ein paar Minuten, um sich nach dem Klangbad der MBLs auf die konventionelle Präsentation der Arias einzustellen und natürlich konnten die Arias mit den Radialstrahlern im direkten Vergleich nicht mithalten. Aber als ein heftiger Elektronik-Track lief, kam echte Freude auf. Naim-Amps waren schon immer für ihre straffe Gangart bekannt, und diese Kombi haute einem die Beats mit der gebotenen Gnadenlosigkeit um die Ohren. Wenn elektronisch, dann muss es so klingen.

 

****

 

Unten ging es deutlich bodenständiger zur Sache. Die Kette von Audiolab/Wharfedale überzeugte aber mit einem sehr natürlichen, relaxten Klang, der gut zum Vorführraum passte, statt ihn zu überfordern. Die gesamte Kette kostet weniger als MBLs N11 und es bleibt sogar noch jede Menge Kohle für Platten übrig – schön, dass du auch vergleichsweise günstig zu einem Klangerlebnis kommst, das eigentlich kaum Wünsche offen lässt.

 

Im Raum von Technics/Spendor gab es neben launiger Plauderei aus dem Nähkästchen ein unerwartetes musikalisches Schätzchen: eine Schallplatte mit einer Aufnahme von Peter und der Wolf. Hatte Technics wohl in den 70ern selbst produziert und seinen Händlern als persönliches Souvenir geschenkt. Die Scheibe bietet eine breite Palette perkussiver Impulse und Klangfarben von diversen Bläsern. Machte Spaß über den großen Integrierten SU-R1000 und Spendor-Monitore.

 

Bei ELAC war ich nur kurz und kann zum Klang nicht viel sagen, aber das barocke Styling des Chord Ultima ist ja mal so richtig cool. Weiter so! Würde ich mir sofort ins Wohnzimmer stellen. Immer gut, wenn sich Designer etwas trauen.

 

****

 

Was ich sonst noch sagen wollte:

 

a) Omnipräsente Displays

Viele Komponenten trugen Displays, scheint ein Trend in der Branche zu sein. Selbst die von Naim, den Non-Konformisten von der Insel, deren Geräte einmal so undesigned waren, dass sie eine Art Einladung des Users zur Selbstkasteiung darstellten. Fand ich allerdings irgendwie cool. 

 

Bei CD-Playern verstehe ich Displays ja noch, aber auf Amps? Echt jetzt? Für mich ist das Over-sharing. Man kriegt ungefragt, aber hartnäckig Informationen geliefert, die man weder wissen will noch muss. Es gab einmal eine Epoche in der Geschichte der Hifi-Industrie, da bediente man sich zur Bestimmung von Lautstärke und gewähltem Eingang am Verstärker einer zugegebenermaßen archaischen Technik: dem Hören. Diese Tage scheinen vorbei zu sein.

 

b) Wird die Audio-Szene etwa wieder jünger?

Stellt man sich vor, dass Außerirdische auf der Erde landeten und rein zufällig den ersten Kontakt zur Menschheit auf einer HiFi-Messe wie der High End hätten, dann würden ihnen vermutlich zwei Dinge auffallen: Wie alt alle sind und dass sich diese seltsame Art asexuell vermehren muss, weil es nur ein Geschlecht gibt.

 

Auf den diesjährigen HiFi-Tagen schien das anders zu sein. Normalerweise drücke ich mit meiner Anwesenheit den Altersdurchschnitt auf Hifi Events. Das Problem ist nur, dass meine Rente inzwischen in Sichtweite ist. In Willich aber sah ich tatsächlich einige Gesichter, die noch keine vierzig waren, vielleicht noch nicht einmal dreißig. Sogar ein paar Frauen -Frauen!- hatten den Weg in die heiligen Hallen gefunden. Jetzt macht ja eine Schwalbe noch keinen Sommer und meine flüchtige Erhebung war alles andere als streng wissenschaftlich - aber es wäre schön, wenn die etwas sklerotische Szene vorsichtig beginnt, sich zu öffnen und erneuern. 

 

Von oben links im Uhrzeigersinn: MBL-Kombi plus Clearaudio-Dreher; MBL Radialstrahler; Elac mit Chord, man beachte das Styling des Ultima oben auf dem Rack; Wharfedale und Audiolab; Naim und Focal.

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.